„Es gibt wohl keine Krebserkrankung,
die mit so vielen Tabus belegt ist
und die Identität einer Frau so grundlegend berührt
wie eine Brustkrebserkrankung.“
Hermine Oberück
Booklet zur Ausstellung
Hermine Oberück, „Knotenpunkt – Leben mit Brustkrebs“, Bielefeld, 1999.
zu beziehen über: fotografie@oberueck.com
Geschichte der Ausstellung
1999 wurde die FotoInterviewPortrait-Ausstellung „Knotenpunkt – Leben mit Brustkrebs“ erstmals gezeigt. Diese Ausstellung ist Ergebnis unterschiedlicher Phasen fotografischer Arbeit: schon seit Anfang der 90er Jahre hatte Hermine Oberück im Zusammenhang mit fotojournalistischen Aufträgen Bildserien zum Thema Brustkrebs erstellt. In der Ausstellung wurden diese Fotoserien aus Diagnostik und Therapie dann mit fotografischen und Interview-Portraits von Frauen zusammengeführt, die Hermine Oberück in den unterschiedlichen Phasen ihrer Brustkrebserkrankung begleitete:
„Die Selbstverständlichkeiten sind weg seit meiner Operation,
die Prioritäten haben sich auf den Kopf gestellt.
Ich gehe z.B. vielsorgfältiger mit meiner Zeit um,
überlege mir, was möchte ich nochmal machen.“
„Ich bin dankbar dafür, dass ich krank geworden bin.
Durch den Brustkrebs bin ich zu einer aktiven Frau geworden.
Ich war sehr angepasst.
Heute kann ich auch meine Stacheln zeigen.“
„Meine erste Reaktion auf die Diagnose war,
jetzt ist alles aus.
Aber schon als ich aus dem Krankenhaus raus war,
hab ich angefangen zu kämpfen –
und es geschafft.“
„Ich habe das Vertrauen in meinen Körper verloren.“
Zitate aus den Interviews mit den portraitierten Frauen.
Im Zentrum der Ausstellung stehen die FotoInterviewPortraits betroffener Frauen und deren Äußerungen zum Umgang mit ihrer Erkrankung.
Als Hermine Oberück die in der Ausstellung gezeigten Portraits Ende der 90er Jahre fotografierte und parallel dazu biografische Interviews führte, war das Thema „Krebs“ noch mit einem sehr viel größeren Tabu belegt als heute.
Die aus heutiger Sicht „damals“ oft viel zu spät gestellte Diagnose kam häufig einem Todesurteil gleich. Zudem war, anders als heute, die Diagnose Brustkrebs vor 20 Jahren für viele Frauen gleichbedeutend mit Amputation, Verlust, körperlicher Verstümmelung und allein schon damit einhergehenden massiven seelischen Verletzungen.
Frauen, die an Brustkrebs erkrankten, erlebten sich oft als vereinzelt, „ausgeschlossen“, „unsichtbar“ und in vielerlei Hinsicht diskrimiert:
„Ich möchte aus beruflichen Gründen bei der Ausstellung in dieser Stadt
nicht erkennbar sein.
Mein Arbeitgeber lebt hier.
Er weiß nichts über meine Erkrankung.
Wenn neue Aufgaben zu besetzen wären,
würde ich die Stelle vielleicht nicht kriegen,
weil er mich für nicht mehr belastbar halten würde. …
Bei anderen Frauen sind es die Wechseljahre,
bei mir wäre es der Krebs.
Ich will nicht auf diese Krankheit reduziert werden.“
Die in der Ausstellung ebenfalls gezeigten Fotografien aus dem Operationssaal und der Brustkrebs-Therapie skizzieren den gemeinsamen Erfahrungshintergrund der Frauen, ohne Details medizinischer Abläufe abbilden zu wollen.
„Mit meinen Portraits will ich
an Brustkrebs erkrankte Frauen dazu ermutigen,
aus ihrer oft unfreiwilligen Isolation herauszutreten,
über ihre Erfahrungen offen zu sprechen,
sich selbst-bewusst zu zeigen und
anderen Menschen zu signalisieren:
‚Ich verstehe meine Erkrankung als Krise und als Chance,
die ich nutzen kann –
und mit der ich (über)lebe.’“
Hermine Oberück bei einer Ausstellungseröffnung, 1999
Rezeption der Ausstellung
Viele Betrachterinnen und Betrachter äußern sich ebenso wie Fachleute aus Medizin und Psychotherapie voller Anerkennung über die Ausstellung und die im Booklet dokumentierten repräsentativen Statements der Portraitierten: Diese Interviews gewähren einen tiefen Einblick in die Verarbeitungsmöglichkeiten von Brustkrebs.
2001 erwarb die Krebsgesellschaft NRW (GBK) 2001 ein Exemplar der Ausstellung und setzt sie seitdem erfolgreich in ihrer Öffentlichkeitsarbeit ein.
Auswahl einiger Ausstellungsorte
- 2007 in Offenbach
- 2007 in Langen
- 2005 in Stuttgart auf dem internationalen Senologenkongress
- 2004 in Gevelsberg, eröffnet von der Gesundheitsministerin des Landes NRW Birgit Fischer
- 2001 in Gifhorn im Rahmen einer Veranstaltungsreihe „Frau und Gesundheit“ in den Räumen des Kunstvereins
- 2001 in Braunschweig zur Eröffnung der senologischen Abteilung im Städtischen Klinikum
- 2000 in Osnabrück in der Krebsberatungsstelle Osnabrück anlässlich ihres 15-jährigen Bestehens
- 1999 in Bonn im Frauenmuseum
- 1999 in Bielefeld
Weiterführende Informationen für betroffene Frauen und Links: www.knotenpunkt-bielefeld.de