welt verlassen
In den vergangenen 20 Jahren ist die Ausstellung „welt verlassen“ an zahlreichen Orten in ganz Deutschland gezeigt und breit rezipiert worden, zuletzt 2015 in Heide/Holstein und 2016 in Bielefeld.
DASEIN – DEMENZ – ABSCHIED
NOCH BIST DU DA
Wirf deine Angst
in die Luft
Bald
ist deine Zeit um
bald
wächst der Himmel
unter dem Gras
fallen deine Träume
ins Nirgends
Noch
duftet die Nelke
singt die Drossel
noch darfst du lieben
Worte verschenken
noch bist du da
Sei was du bist
Gib was du hast
ROSE AUSLÄNDER
ALTER – FRAUEN – TOD
Die Liebe hat einen Triumph
und der Tod hat einen,
die Zeit und die Zeit danach
Wir haben keinen.
INGEBORG BACHMANN
aus dem Gedichtzyklus
Lieder auf der Flucht
WELT – VERLASSEN
Do not go gentle into that good night,
Old age should burn and rave at close of day;
Rage, rage against the dying of the light.
DYLAN THOMAS
Geh nicht gelassen in die gute Nacht,
brenn, Alter, rase, wenn die Dämmerung lauert;
im Sterbelicht sei doppelt zornentfacht.
Deutsche Übersetzung
Curt Meyer-Clason
Eine Ausstellung mit Geschichte…
Wie “welt verlassen” entstand
“Es war irgendwann bei einem Nachmittagstee im Freien, als Hermine Oberück von ihren Fotografien und ihrer Beziehung zu Frau Gräfe erzählte“, der Hauptfigur des Buches und der Ausstellung “welt verlassen”.
„Gemeinsam begannen wir von einem Buch … über fröhliches Altwerden zu träumen. Dieser Traum war der erste Schritt.”
Klara Butting in: “welt verlassen, Junge und alte Frauen im Spannungsfeld von Leben und Tod”, S.117
Hermine Oberück, in „WELT VERLASSEN“
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“Bilder aus den letzten Jahren einer alten Frau werden … gezeigt. Eine verdrängte Welt wird sichtbar, eine Welt, vor der viele von uns Angst haben. … Altern ist schwer, vor allem in einer Welt, die auf ewige Jugend setzt und von Altersschwemme redet. Zugleich werden wir durch das Wissen, dass wir die Welt verlassen müssen, auf uns selbst zurückgeworfen, nicht zuletzt, weil es eine körperliche Erfahrung ist, die unausweichlich, ja unerbittlich auf uns zukommt.”
Auch aus einer zeitlichen Distanz von fast 20 Jahren betrachtet können Besucherinnen und Besucher der Ausstellung ,welt verlassen’ die Erfahrung machen, dass die Fotografien von Hermine Oberück seit ihrer Entstehung nichts von ihrer Brisanz verloren haben: Die Fotografien, die “die eigenartige Ruhe, die Würde und Zerbrechlichkeit des Lebens auf einmal in ein anderes Licht rücken”, sind immer noch aktuell.
Zitate aus: „Welt verlassen“, 2. Auflage 2002
…von großer Aktualität…
„Bilder aus den letzten Jahren einer alten Frau werden … gezeigt. Eine verdrängte Welt wird sichtbar, eine Welt, vor der viele von uns Angst haben. … Altern ist schwer, vor allem in einer Welt, die auf ewige Jugend setzt und von Altersschwemme redet. Zugleich werden wir durch das Wissen, dass wir die Welt verlassen müssen, auf uns selbst zurückgeworfen, nicht zuletzt, weil es eine körperliche Erfahrung ist, die unausweichlich, ja unerbittlich auf uns zukommt.“ Auch aus einer zeitlichen Distanz von fast 20 Jahren betrachtet können Besucherinnen und Besucher der Ausstellung ,welt verlassen‘ die Erfahrung machen, dass die Fotografien von Hermine Oberück seit ihrer Entstehung nichts von ihrer Brisanz verloren haben: Die Fotografien und das, was sie zeigen, sind immer noch aktuell. Sie spiegeln bis heute „die eigenartige Ruhe, die Würde und Zerbrechlichkeit, die das Leben auf einmal in ein anderes Licht rücken.“
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„Noch immer ist das Thema Demenz ein Tabuthema. Den Gedanken an das Alter und die damit verbundenen Erkrankungen schiebt jeder am liebsten weit von sich. Gerade wer noch mitten im Leben steht, kann sich nicht oder nur schlecht vorstellen, dass auch er einmal an altersbedingten Erkrankungen leiden könnte. Und doch kann es jeden treffen. Um so wichtiger ist es, mehr über die Krankheit, ihren Verlauf, die jeweiligen Therapieformen und die entsprechenden Hilfsangebote zu erfahren. Rechtzeitiges Informieren hilft Ängste abzubauen, Ressourcen zu entwickeln und entsprechende Unterstützungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Mit ihrer Fotodokumentation ist es Hermine Oberück gelungen die Realität der Erkrankung mit all ihren Facetten auf einfühlsame Weise zu dokumentieren. Die Bilder begleiten die über 90jährige Johanna Gräfe in ihren letzten beiden Lebensjahren und offenbaren Betreuung, Fürsorge, aber auch Spannungen, die sich auf Grund der Demenzerkrankung und der Pflegesituation sowohl für die Betroffenen als auch für die Angehörigen ergeben.“ (aus: Ankündigung zur Ausstellung in der Friedenskirche Saarbrücken, 2004) Die von Hermine Oberück in ihren letzten Lebensjahren mit der Kamera begleitete Frau Graefe wurde in diesen Jahren von ihrer Tochter gepflegt. „Welche widersprüchlichen Empfindungen und Spannungen dabei ausgehalten und durchkämpft werden mußten, lassen die Bilder nur erahnen. Eine Welt wird sichtbar, vor der viele von uns Angst haben. Wie sollen wir umgehen mit der kommenden Bedürftigkeit des Vaters oder der Mutter, dem moralischen Druck, der an dieser Stelle entsteht, und den oft dabei verbundenen Schuldgefühlen. … mit Frau Graefe spürten wir aber auch etwas Unvergängliches, Zukunftsweisendes.“
Zitate aus:
„Welt verlassen – Junge und alte Frauen im Spannungsfeld von Alter und Tod“, Wittlingen, 2. Auflage 2002